Das holistische Weltbild!

Welle, Teilchen, oder keins von beidem?

von hector haller

Die neuen Hohepriester tragen keine Talare, sondern schlichte weiße Kittel. Es sind keine Priester, Bischöfe, Kardinale, oder Päpste, sondern im besten Falle, habilitierte Naturwissenschaftler in Doktorwürden. Die Naturwissenschaft ist inzwischen über jeden Zweifel erhaben und hat die Religionen abgelöst. Der neue Gott ist ein materialistisches Weltbild, das vor zigmilliarden Jahren zufällig mit dem BigBang entstanden sein soll. Danach folgte alles einer unausweichlichen Kausalität, bis der Mensch, die Krone der Wissenschaft dies herausfand.

Er fand heraus, das die Welt aus kleinen toten Körnern besteht. Körner? Atome! Seitdem versucht Wissenschaft, immer noch kleinere Körner zu finden, um dadurch Rückschlüsse auf das große Ganze schließen zu können. Das ist in etwa so, als würde man Beethovens Neunte in einzelne musikalische Zeichen zerlegen und versuchen, aus den vielen Fragmenten, die Gestalt der Musik zu verstehen. Man erkennt einzelne Noten, Tonarten, Pausen. Man kann das Stück vermessen, doch mehr nicht, da die Gestalt der Musik einer höheren Ordnung entspringt, der etwas anderes zugrunde liegt, als nur die Summe Ihrer Teile. Man bekommt die Gestalt der Musik in keine materielle Form gedrückt. Musik ist eben kein Körnchen. Sie ist geistiger Natur. Doch was ist Geist?

Die Naturwissenschaft möchte den Geist am liebsten ausklammern, da sie nicht weiß, wie damit umzugehen ist. Der Geist ist irrational und stört jede mathematische Formel. Am liebste hätte Naturwissenschaft eine tote Supersymmetrie, weil die so schön clean ist. Hier kann sich „objektive“ Wissenschaft austoben und ins Blaue deuten. Hier huschen Strings, Superstrings und Teilchensalate in multidimensionalen Räumen umher. Die Vorstellung erinnert an Star Trek und macht Spaß. Doch wie lässt sich unser Bewusstsein, unser Geist erklären?

Im vorletzten Jahrhundert wurde ein Experiment durchgeführt, das Doppelspalt-Experiment, das zum Welle-Teilchen-Dualismus führte. Licht ist Welle und Teilchen. In der Quantenphysik wird von Wahrscheinlichkeiten gesprochen – demnach ist nichts mehr eindeutig klar und trotzdem wird so getan, als folgte unsere Welt einer vorherbestimmten Kausalität. Ursache und Wirkung. Auf Ebene einer toten materiellen Welt könnte das sogar richtig sein – doch wir leben in einem lebendigen Universum. Da der Mensch und alles um uns herum auf der Erde ebenfalls lebendig ist, kann man von einem lebendigen Universum ausgehen. Wie im Großen so im Kleinen. Der Mensch vereinigt meines Erachtens ebenfalls einen Dualismus – Körper und Geist. Der Physiker Hans-Peter Dürr, ein Weggefährte Heisenbergs, postuliert sogenannte „Wirks“. Nicht das Teilchen als solches, sondern seine potenziellen Möglichkeiten sind von Entscheidung. Was treibt an? Was ist Entscheidung, wann Welle und wann Teilchen. Man erkennt den nebulösen Raum an Möglichkeiten, bis eine Entscheidung „wirkt“. Eine Entscheidung ist nicht mehr nebulös, sondern zeichnet sich hart davon ab. Das lässt sich ohne weiteres auf den Alltag eines Menschen übertragen. Es kommt einem deswegen zu einfach vor. Starre ist tot! Es ist das Lebendige, das wirkt. Entscheidungen haben Konsequenzen. Es gibt demnach ein Wirkfeld, das in Summe den Raum aller Möglichkeiten darstellt. Ein Teilchen wäre demnach Folge einer bewussten Entscheidung und das Wirks lässt die Welle zum Teilchen kollabieren. Man könnte sagen, Geist formt Materie. Folgt man dem Gedanken laufen wir Bildern hinterher, die der Geist erst geformt hat. Was für ein Dilemma und was für eine Ansage für die „objektivistischste Wissenschaft“ aller Zeiten. Dabei stecken wir tiefer in den platonischen Höhlen, als uns lieb ist.

Was wäre, wenn Wissenschaft versucht das Bewusstsein in wissenschaftliche Fragen zu flechten. Man spürt sofort, das dies ungemein schwieriger werden würde. Viele Fragen ließen sich überhaupt nicht stellen doch neue Fragen entstünden. Ich würde das persönlich sehr spannend finden, da immer ein Bezug zu dem jeweiligen Selbst des Fragenden gestellt werden müsste. Das würde voraussetzen, das derjenige sein Selbst kennt, um überhaupt eine Frage stellen zu können. Wir hätten umgehend eine Entschleunigung im wissenschaftlichen Betrieb. Jedem wissenschaftlichen Arbeiten ginge Erkenntnisschule voraus, aus der Verantwortung erwüchse, die umgehend unsere Welt veränderte.

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